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..Venedig. Nun, heute kein Stadtstaat mehr, aber nicht minder Eindrucksvoll liegt diese Perle des Mittelmeers in Stein und Holz auf Wasser. Historische Gebäude zieren an jeder Ecke auf protzigste Art und Weise das Stadtbild. Bemerkenswerte Architektur, die an “Megalomanie light” erinnert. Was mich umgehauen hat, war die Stimmung, die Geräuschkulisse und der Geruch der Stadt nach Küste.
Ich kannte die Plätze und Paläste nur aus der Sicht von Ezio Auditore da Firenze, die Gebäude, Fassaden und Kanäle nur aus einer Vielzahl von Stunden vor AC2. Und doch erkannte ich erstaunlich viel wieder, wusste ca wo rum man gehen musste, sah fast schon den Medicus an der Ecke vorm Wasser stehn und seine frisch gefangenen Egel anpreisen und hatte mehrmals mit dem Verlangen zu kämpfen an einer Kirche oder einem anderen typischen Gebäude einen Satz nach oben zu machen. Richtig krass wurde es mit den Flashbacks im Halbdunkel als ich über die Piazza San Marco schritt und die Kirchenglocken loslegten. Spooky. Klinge, Gurt und Haube fehlen mir in solchen Momenten – da brauch ich nicht mal den Animus.
Unsere illustre Reisegesellschaft bestand aus zwei Clans, von meinem war noch mein Großvater und meine Mutter dabei, diese hatte ihre Freundin Lena aus Russland geladen, die mit ihrer Nichte Katja und ihrer Tochter Olessya im Gepäck anreiste. Die anderen waren wohl schon einige Tage vor Ort und empfingen uns in unserem Hotel als wir ankamen, dann gabs erstmal ein Wiedersehensfestmahl und einen nächtlichen Stadtspaziergang, bevor wir im Steampunkartigen Fahrstuhl in unser vor Jugendstil triefenden Zimmerchen einkehrten.
“Ah, Venedig!”
— Indiana Jones
Am nächsten Morgen schauten wir uns im Dogenpalast um und besuchten die Basilica di San Marco, bevor wir unser Zeug zusammenrafften und in einem Wassertaxiboot zu unserem Kreuzfahrtschiff – der MSC Musica – aufgebrochen sind. Das Schiff war von beeindruckender Größe und die Menge an Passagieren war auch nicht ohne – wobei ich sagen muss, daß ich überrascht war so gemischte Altersschichten zu sehen, hatte ich getreu dem Klischee doch eher die mobilen Rentnereinsatzkommandos erwartet. De facto war der Altersschnitt aber eher um die mitte Dreißig. Das Schiff sollte für die nächsten Tage und Nächte unser Zuhause sein, wir legten am frühen Abend ab und setzten Kurs auf Bari in Süditalien. Nach Bari sollte es in Richtung Kroatien gehen – zuerst Split, dann Dubrovnik, dann wieder zurück nach Venedig. Auf dem Schiff selbst gab es allerhand Möglichkeiten sich die Zeit zu vertreiben, sei es Swimmingpool, Tischtennis, zahllose Lounges und Bars, Restaurants und Wellnessbereiche, Fitnessräume oder (auf offener See) das Kasino. Am Abend gab es noch Achtern eine ziemlich lahme Disko mit einem grauenvollen DJ, Mitternachtshäppchen vor den kleinen Bühnen wo Unterhalter verschiedener Art ihre Kunst zum Besten gaben oder aber den edel anmutenden Theatersaal. Ich bevorzugte jedoch mit Musik auf den Ohren meine Kreise quer durchs Schiff zu ziehen. Ich beobachtete die Passagiere, verwirrte das ohnehin etwas konfuse Personal, schaute raus auf die See oder setzte mich irgendwo hin und las ein wenig.
Bari war ein einfaches Städtchen mit süditalienischem Charme, einigen mittelalterlichen Bauten und von überschaubarer Größe. Es gab zwar hier und dort etwas zu sehen, aber verglichen mit der Perle der Adria und den beiden Städten die noch vor uns lagen, war es fast schon erschreckend ereignislos. Wir spazierten ein wenig durch die Stadt, fanden uns aber schon recht bald auf dem Schiff wieder und dort ging der Alltag weiter. Das Wetter war durchgehend wechselhaft – die See blieb zwar alles in allem ruhig, aber der ständige Wechsel zwischen Regengüssen und brütender Sonne war ein wenig unbequem, vor allem weil nicht ganz klar war was man an Kleidung wählen sollte, wenn man sich auf den Landgang begab. Immerhin hatte man ja kaum Lust Jacken und Schirme ständig mit sich herumzuschleppen, während die Sonne einem das Hirn zu braten beschloss, aber auch nicht tropfnass durch die Meeresbrise eine Erkältung für den Rest des Urlaubs einzufangen, weil man sich vor dem Regen nicht retten konnte. Gut, das sind zugegebenermaßen alles Probleme die ich nicht so wirklich hatte, aber meine Reisegefährten dafür um so mehr.
Das Personal an Bord war irgendwie seltsam. Die meisten die was zu sagen hatten, schienen Italiener zu sein, genauso wie die Kellner in den beiden gehobeneren Bordrestaurants (unserer sah dem T-1000 aus Terminator 2 so erschreckend ähnlich, daß sich Olessya immer wieder gruselte, wenn er ihr etwas metallisches in die Nähe legte, zumeist handelte es sich um Besteck). Die anderen waren größtenteils Inder, Philipinos und Brasilianer, größtenteils englischsprachig, ihr Italienisch konnte ich nicht einschätzen, aber ihre offensichtlich von Mängeln gezeichnete Servicefähigkeit durchaus. Sie erweckten allesamt den Eindruck als hätte man sie zu Niedriglohn irgendwo aufgegriffen, sie in einen 3-Tages-Kurs gestopft á la “So bedient man Urlauber” und danach in eine Uniform gezwängt, damit sie ins Bild passen. Das ganze war für das Image des immerhin vier Sterne Kreuzfahrtschiffes eigentlich unhaltbar, nett lächeln beim vorbeigehen ist eins, aber verlogen, unhöflich, aufdringlich und unfähig sein was vollkommen anderes. Ich will sie jetzt nicht alle über einen Kamm scheren, einige waren durchaus okay, aber der Grundtenor war eben beschriebener und je länger wir unterwegs waren, desto bockloser schienen sie ihren Aufgaben nachzugehen. Da sie allerdings vermutlich alle zu verhältnismäßig miesen Konditionen und ohne große Schichtenpausen oder freie Tage in den unteren Decks untergebracht waren, ist natürlich nicht überraschend, daß sie nach einer Weile etwas gereizter wirken als gut wäre, ich beneide sie keineswegs um ihren Job, das ging bestimmt an die Substanz – wobei der Cruiser und die Company vermutlich nicht ISO 9001 zertifizierte Arbeitgeber sind, also was will man erwarten..
Wir kamen in Split an, besichtigten einige historische Bauten und bummelten über die Strandprommenade. Ein köstliches Mittagessen später waren wir bereits wieder auf dem Schiff, Opa war nicht mehr allzu lauffreudig und das Wechselwetter setzte ihm offenbar mehr zu als den anderen. Gegen Abend legten wir auch wieder ab, abermals mit Kurs Richtung Süden, und ich verbrachte den Rest der Nacht im Kasino, wo ich nach Lemmy-Art zu Werke ging: Jack-Coke plus einarmiger Bandit, dazu Rock’n'Roll. Ich verzockte einige Euronen, gewann natürlich auch ein paar Klimpermünzen, verlor sie aber wieder größtenteils. Ich denke sollte es mich je wieder in ein Kasino verschlagen (war jetzt das erste Mal in einem zum Spielen, nicht zu besuch), werd ich einen Automatenwechsel einführen, ich glaube die sind darauf getrimmt, einen erstmal verlieren, dann gewinnen und dann endlos verlieren zu lassen. Hätte ich zB diese Strategie beibehalten und wäre nach dem Gewinn zum nächsten gezogen und recht gehabt, hätte ich nach den ersten drei meinen Einsatz bereits raus und verdoppelt gehabt. Aber ich glaube genau auf solche Illusionen bauen die Dinger – am Ende gewinnt immer das System mit ihren funkelnden Lichtern und ihrem spiegelndem Chrom. Wenns wirklich so einfach wäre, würde es sich nicht lohnen so ein Kasino überhaupt aufzumachen und es hätte sich herumgesprochen. Da bleib ich lieber bei der Glücksspirale, da krieg ich meinen Einsatz wenigstens alle Nase lang zurück. If you want to gamble..
In Dubrovnik früh morgens angekommen, schlenderten wir durch die Stadt, besuchten abermals einige alte Kirchen, streiften durch enge Gassen und ließen uns schlussendlich in einem Café nahe der Fußgängerzone nieder. Wir hatten nicht besonders lang Aufenthalt, aber immerhin war genug Zeit den Stadtkern zu besichtigen und einen Eindruck der Stadt zu erhaschen. Es ging jedoch bereits in den frühen Abendstunden zurück aufs Schiff, gegen 17 Uhr verließen wir nämlich wieder den Hafen in Richtung bella Venezia. Der Rest der Fahrt war in etwa wie die Zeit zuvor, nur mit dem Unterschied, daß ich mittlerweile etwas unruhig wurde und sich zwar keine Klaustrophobie breitmachte, mir aber das Schiff mit seinen Freizeitangeboten ein wenig geistig zu eng wurde.
In Venedig selbst hatten wir noch zwei weitere komplette Tage bis es zurück in die Heimat gehen sollte – die verbrachten wir mit der Jagd nach Souvenirs, dem Speisen in hochqualitativen Gaststätten und natürlich singend und albernd in den kleinen Gässchen zwischen den Häusern. Ein weiteres unglaubliches Erlebnis dort, war das winzige private Kammertheater “Musica a Palazzo”, welches wir besuchten. In einer Seitengasse parallel zum Canale Grande gab es einen beeindruckenden Altbau/Palazzo, dessen obere Wohnung zu einer mehrzimmerigen Kulisse ausgebaut wurde – jeder Raum ein anderer Akt, gerade mal einige wenige dutzend Zuschauer und hochtalentierte und hervorragend ausgebildete Sänger und Musiker boten uns “La Traviata” – ein Genuss, in den ich in dieser Qualität noch nicht gekommen bin, höchstes artistisches Niveau. Ließ mich echt sprachlos! Die Atmosphäre war einfach unglaublich.
Hail to the Kingdom of Steel!
Brother Arnoc
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